Amtliche Meldung

So könnte der Dorfladen doch noch eine Zukunft haben

Viele Gemeinden teilen dasselbe Schicksal: Die Zeiten, in denen es bei ihnen noch ein Lebensmittelgeschäft, einen Bäcker und Metzger gab, sind längst vorbei. Wer einkaufen will, muss in den nächst größeren Ort mit Supermarkt fahren, sich etwas von der Familie oder Nachbarn mitbringen lassen oder bestellen. Das will „Tante M“ ändern.

In mehreren Gemeinden in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gibt es einen solchen kleinen Selbstbedienungsladen bereits, der ohne Verkaufspersonal auskommt und daher die meiste Zeit des Tages geöffnet ist. Die Kundinnen und Kunden können Markenprodukte aus dem Sortiment von Edeka und dem Convenience-Netzwerk MCS kaufen sowie Regionales. Gedacht ist „Tante M“ für Gemeinden ohne eigene Nahversorgung, die nicht zu klein und nicht zu groß sind. Ein klassischer Supermarkt soll nicht ersetzt werden, eine gewisse Nachfrage muss es aber geben.

Der Unternehmer, der hinter dem Projekt steht, mietet Räume von der Gemeinde oder einem anderen Eigentümer, diese tragen kein Risiko. In Hallgarten im Kreis Bad Kreuznach soll im Oktober ein solcher Laden eröffnen – und Jochen Schwab von „Tante M“ hat jetzt auf Einladung von Lena Hoim während einer Online-Veranstaltung Bürgermeistern aus unserer Verbundregion das Konzept vorgestellt. Hoim ist Strukturlotsin der Kreisverwaltung Kaiserslautern und auf das Thema Innenentwicklung spezialisiert. Weitere gibt es in den Kreisverwaltungen Donnersbergkreis, Kusel und Bad Kreuznach – insbesondere, um die Region der „Alten Welt“ voranzubringen.

1100 oder mehr Artikel im Dorfladen „Tante M“
Das Konzept von „Tante M“ umfasst ein Angebot für den täglichen Bedarf mit knapp 1100 oder mehr Artikeln, wobei die Bürgerinnen und Bürger beim örtlichen Sortiment mitbestimmen können und auch lokale Zulieferer für Frischeartikel wie Backwaren eingebunden werden. Bei den Preisen orientiert man sich an Edeka, Dienstleistungen wie eine Postfiliale beziehungsweise Packstation, ein Kaffeeautomat und eine Imbissecke können theoretisch ergänzt werden. An den SB-Kassen kann man mit Bargeld, EC- und Kreditkarte, der „Tante M“-Kundenkarte sowie Apple und Google Pay zahlen. Wegen der hohen Kundenfrequenz durch lange Öffnungszeiten, die ergänzenden Dienstleistungen und der Funktion als Treffpunkt sowie niedrigen Fixkosten durch fehlendes Verkaufspersonal, überschaubare Verkaufsflächen und niedrige Investitionskosten ist „Tante M“ nach eigenen Angaben wirtschaftlich. Bereits ab durchschnittlich 40 Kundinnen und Kunden am Tag könnten die Kosten gedeckt werden – der Erfahrung nach sind es zwischen 46 und bis zu 300 je nach Wochentag. Der nötige monatliche Gesamtumsatz liegt unter 10.000 Euro.

Viele ehemalige Bankfilialen werden heute als „Tante M“-Markt genutzt

Ausgerichtet ist das Konzept auf den ländlichen Raum und städtische Randgebiete mit Orten beziehungsweise Ortsteilen mit weniger als 4000 Einwohnern, aber am besten einem Einzugsgebiet von 1000 bis 2000. Der nächste Vollsortimenter sollte weiter als zehn Fahrrad- beziehungsweise Autominuten entfernt sein. Besonders eignen sich leere Ladenlokale mit 60 bis 100 Quadratmetern Verkaufsfläche – oft sind es ehemalige Bankfilialen, Bäckereien oder Metzgereien. Eine Ergänzung für eine Postfiliale, Getränkemarkt oder andere Nutzungen ist denkbar. Aber auch ein Verkaufscontainer könnte errichtet werden, der Flächenbedarf beträgt nur knapp 80 Quadratmeter für den Gebäudegrundriss. Die Übernahme bestehender Dorfläden, die wegen zu hoher Fixkosten nicht profitabel sind, kommt grundsätzlich ebenfalls infrage.

Auch wenn es kein Verkaufspersonal gibt, so gibt es durchaus Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Dorfläden. Sie kümmern sich unter anderem um den Einkauf der Ware, die Reinigung und sind Ansprechpartner für die Kundinnen und Kunden.

Fragen während der Online-Veranstaltung drehten sich beispielsweise um die Diebstahlquote (laut Schwab recht niedrig wegen starker Videoüberwachung und mehr Ehrlichkeit auf dem Land), wann Personal im Laden ist (stundenweise) und wie es bezahlt wird (450-Euro-Basis). Ebenso wurde nach dem Durchschnittsumsatz pro Kunde gefragt (sieben Euro), wer einkauft (alle Generationen) und wer genau die Märkte betreibt – die Mehrzahl wird von „Tante M“ als Filiale betrieben, es gibt aber auch Franchisenehmer. Ein Bereich mit viel Potenzial, weil dadurch schneller Wachstum generiert werden kann und die Betreuung der Filiale einfacher ist als von einer Zentrale aus. Derzeit gibt es knapp 30 Märkte, deren Zahl soll sich schnell verdoppeln. Um gut davon leben zu können, müsste ein Franchisenehmer jedenfalls mindestens vier Filialen betreiben. Weil es bei den Öffnungszeiten noch eine gesetzliche Grauzone gibt, werden die Märkte übrigens als begehbare Automaten geführt – doch hier wolle der Gesetzgeber Abhilfe schaffen, erklärte Schwab.

Kontakt Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten gibt es unter www.tante-m.shop oder bei den Strukturlotsen des jeweiligen Landkreises.

 

Foto: Alexas_Fotos

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Autor: J. Maurer

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